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Analysen 28.06.2017

Schutz vor Protektionismus

Schutz vor Protektionismus

Protektionismus ist für Investoren ein Thema mit politischen, wirtschaftlichen, soziokulturellen, aber auch religiösen Facetten.


Protektionistisch agieren können nicht nur Staaten, sondern auch Unternehmen und einzelne Menschen. Der österreichisch-amerikanische Ökonom Ludwig von Mises (1881-1973) bezeichnete Protektionismus sogar als eine Art „Kriegsführung“. Institutionelle Anleger sehen politischen Isolationismus, wirtschaftlichen Protektionismus und Währungsprotektionismus mit Skepsis, da von all diesen Spielarten einzeln oder in Kombination negative Auswirkungen auf Anlageportfolios ausgehen können. Wir verstehen Protektionismus als ein Paket von Maßnahmen zur Steuerung des Personen-, Waren- und Kapitalverkehrs, und mit der Steuerung des Personenverkehrs auch zur Kontrolle über Kompetenzen und Know-how in einer Volkswirtschaft.

Das Thema Protektionismus betrifft sowohl Schwellenländer als auch Industrieländer. Derzeit leiden viele westliche Länder und die Menschen dort an einer Art „Globalisierungsmüdigkeit“. Die Gründe dafür sind vielfältig. Politiker und Ökonomen weltweit erkennen jedoch langsam, dass die Globalisierung zwar einerseits die kollektive Wirtschaftsleistung steigert, andererseits aber auch eine der Ursachen für wachsende wirtschaftliche Ungleichheit in Industrieländern ist und für einige Schwellenländer den negativen Effekt hat, sie auf ihrem Weg zu durchschnittlichen Wachstumsraten wie in den Industriestaaten auszubremsen.

Politischer Protektionismus in Reinkultur

In der Politik wird zunehmend die protektionistische Karte gespielt: Das Brexit-Referendum und die Wahl in den USA im letzten Jahr wurden hauptsächlich mit protektionistischer Rhetorik und Versprechen an eine Bevölkerung gewonnen, deren Schutzbedürfnis vor diversen potenziellen Gefahren wächst. Bei den Wahlen in den Niederlanden und in Frankreich behielten zur Erleichterung der Anleger konservative marktwirtschaftlich orientierte Kräfte die Oberhand, aber auch diese Kandidaten gaben sich nicht als Globalisierungsenthusiasten. Der Brexit hatte für Investoren auch unmittelbar spürbare Währungseffekte: Der Wechselkurs des britischen Pfunds fiel in den ersten 24 Stunden nach Veröffentlichung des Abstimmungsergebnisses um durchschnittlich 9% (Quelle: Bloomberg).

Die subtilen Facetten des wirtschaftlichen Protektionismus

Wirtschaftlicher Protektionismus kann sich auf Anlageportfolios auswirken, da eine protektionistische Politik die Spielregeln für das wirtschaftliche Handeln von Unternehmen und Staaten neu definiert und damit auch Ertragsströme umlenkt. Die Auswirkungen einer protektionistischen Politik sind jedoch schwer zu quantifizieren, da es mittlerweile sehr subtile protektionistische Strategien gibt und auch neue Freihandelsabkommen mitunter eine protektionistische Stoßrichtung haben. Das von Ex-Präsident Obama vorangetriebene und nun von Donald Trump als neuem US-Präsidenten wieder ad acta gelegte TPP (Trans Pacific Partnership) beispielsweise wurde als Freihandelsabkommen zwischen den USA und elf wichtigen Pazifikländern propagiert. Nach Meinung von Ökonomen des Petersen Institute hätte das Abkommen den USA jährliche Exportsteigerungen von mehr als USD 360 Mrd. bringen und auch bei den anderen Unterzeichnerstaaten für Exportwachstum sorgen können. Doch diese starken positiven Außenhandelsimpulse für die Unterzeichnerstaaten können nicht darüber hinwegtäuschen, dass China ausdrücklich von TPP ausgenommen war, was darauf schließen lässt, dass damit auch der wirtschaftliche Einfluss Chinas beschnitten werden sollte. Echte Globalisierung sieht anders aus. Klare Beispiele für wirtschaftlichen Protektionismus (die laufenden Brexit-Verhandlungen und die Nafta-Neuverhandlungen) befinden sich noch in einem frühen Stadium. Es wird voraussichtlich noch einige Jahre dauern, bis zu erkennen ist, wie die Neuregelung des Waren-, Dienstleistungs-, Kapital- und Personenverkehrs in Zukunft aussehen wird. Die volkswirtschaftlichen Kosten von Protektionismus zu bestimmen, ist daher ein schwieriges Unterfangen.

Währungsprotektionismus und seine Grenzen

Währungsprotektionismus ist eine weitere Form von Kontrolle und Einschränkung des freien Kapitalverkehrs. China ist trotz seiner Freihandelsabkommen verstärkt darum bemüht, den Kapitalverkehr seiner Bürger mit dem Ausland zu kontrollieren. Chinesische Unternehmen und Haushalte haben sich in den vergangenen zehn Jahren verstärkt an internationalen Märkten engagiert und damit begonnen, in erheblichem Umfang in ausländische Aktien, Anleihen und Unternehmen zu investieren (Schätzungen des American Enterprise Institutes zufolge sind aus China zwischen 2005 und 2016 ca. USD 1,5 Bio. an Investitionen in Unternehmen und Bauvorhaben außerhalb des Landes geflossen). Dieser Kapitalabfluss hat den chinesischen Renminbi destabilisiert. Die chinesische Regierung hat daraufhin in den letzten zwei Jahren versucht gegenzusteuern (zum Beispiel durch Anreize für chinesische Unternehmen, weniger im Ausland zu investieren, durch Kontrollen in Bezug auf die Einhaltung der für Privatpersonen geltenden Ausfuhrregelungen für Bargeld und durch verstärkte Überwachung der bestehenden Regelungen für die Kapitalausfuhr durch chinesische Unternehmen).

Die Maßnahmen zeigen in diesem Jahr erste Erfolge, ganz stoppen lassen dürfte sich der Kapitalabfluss damit jedoch kaum.

Neue Wege finden

Doch während in einigen Ländern der Protektionismus auf dem Vormarsch ist, sehen andere Staaten neue Chancen. Dies gilt insbesondere für die Schwellenländer, wo neue Allianzen geschlossen werden, bestimmte Branchen florieren und neue regionale Märkte sondiert werden. Anleger, die protektionistischen Tendenzen trotzen wollen, sollten bei ihren Anlageentscheidungen insbesondere auf die folgenden drei Trends setzen.

Es handelt sich dabei nicht um völlig neue Trends, die sich aber, zumindest in Asien, bereits bewährt haben.

Erstens sollten Investoren Branchen und ihr künftiges Potenzial genauer analysieren: Rohstoffaktien haben sich im Vergleich zu Industrieaktien in den letzten 12 Monaten bis Mai 2017 sehr gut entwickelt. Dies hat einen ganz einfachen Grund: Anders als im Technologie- und Finanzsektor gibt es zu Rohstoffen aus anderen Ländern nicht immer eine Alternative vor der Haustür. Wenn die USA seltene Metalle nicht mehr aus China importieren, bekommt Tesla Probleme mit der Herstellung der Motoren und Batterien für seine Fahrzeuge.

Zweitens intensivieren die Schwellenmärkte ihre politischen und wirtschaftlichen Beziehungen, sowohl untereinander als auch zu China, und sie könnten vor allem auch engere Handelsbeziehungen zu Japan knüpfen. Während China in Afrika bereits führend ist, liegt der Fokus nun auf Lateinamerika, wo es kürzlich verstärkt in eine Reihe von Unternehmen investiert hat (Chinesische Investitionen in Unternehmen und Bauvorhaben in Lateinamerika haben sich laut American Enterprise Institute (Stand 31.12.2016) in den letzten drei Jahren auf ca. USD 20 Mrd. jährlich verdoppelt. Diese Entwicklung steht zwar noch ganz am Anfang, aber China hat sich bereits den Zugriff auf eine Vielzahl halbstaatliche Unternehmen gesichert, die Zugang zu lokaler Ersparnis und internationalen Krediten haben, um ihre Investitionen in Lateinamerika zu finanzieren. Länder, die sich um gute politische Beziehungen zu China und anderen großen Freihandelsbefürwortern (wie Japan oder Europa) bemühen, werden in einem Klima des wachsenden Protektionismus voraussichtlich am besten fahren.

Drittens hat sich insbesondere in Asien ein Modell bewährt, das darauf abzielt, über die Ankurbelung der Binnennachfrage mit begrenzter staatlicher Wirtschaftsförderung ein höheres BIP-Wachstum zu erzielen und einige positive Beispiele hervorgebracht hat. Staatliche Entwicklungsbanken unterstützen mittlerweile Branchen, die in der Vergangenheit stark importabhängig waren, und China kauft Unternehmen, die Komponenten für bestimmte Industrien herstellen, um sich durch Know-how-Transfer in der Wertschöpfungskette hochzuarbeiten. Das ist nichts Neues – Japan verfolgte in den 1960er-70er Jahren einen ähnlichen Ansatz, wie auch Korea in den 1980er-90er Jahren. Im Elektroniksektor gibt es eine Fülle von Beispielen für internationale Marken, die von anderen übernommen wurden, teilweise mit irgendeiner Form von staatlicher Unterstützung in der Vergangenheit. So hat bei Fernsehgeräten Korea dem lange dominanten Japan mittlerweile den Rang abgelaufen. Auch am Markt für Mobiltelefone hat es ähnliche Entwicklungssprünge gegeben. Nokia war in den1990er Jahren Leidtragende dieses Prozesses, als das Unternehmen von Apple an den Rand gedrängt wurde, dessen Smartphone-Sparte wiederum in den letzten fünf Jahren Marktanteile an koreanische Unternehmen wie Samsung und LG verloren hat, die nun mit Huawei und Xiaomi aus China starke Konkurrenz bekommen haben. Dasselbe Bild bietet sich im Automobilsektor. Das Geschäft verlagert sich von Japan nach Korea und verstärkt nach China. Die Geschichte kennt viele Beispiele von Unternehmen in einem bestimmten Sektor, die mit gewisser staatlicher Unterstützung zunächst den Heimatmarkt erobern, um dann auch international zu expandieren. Natürlich gibt es auch Beispiele, in denen dieses Modell nicht funktioniert hat (man denke an die stahlverarbeitende Industrie Lateinamerikas in den 1970er Jahren). Dabei handelte es sich jedoch um Sektoren mit geringem Technisierungsgrad, in denen Marken keinen großen Wert haben.

Fazit

Chinas Staatspräsident Xi Jinping hat es auf dem diesjährigen World Economic Forum in Davos mit seinen philosophischen Worten vielleicht am besten ausgedrückt: „Protektionismus ist wie sich in einen dunklen Raum einzusperren. Wind und Regen kommen dann zwar nicht herein, aber auch keine Sonne und keine Luft. In einem Handelskrieg gibt es keine Sieger.“ Institutionelle Anleger sind deshalb gut beraten, den verschiedenen Spielarten des Protektionismus im Rahmen der Asset Allokation Rechnung zu tragen. Wie oben ausgeführt, empfiehlt sich dazu ein makrostrategischer Ansatz mit gezielter Ausrichtung auf bestimmte Länder und Branchen.

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Koon Chow
Senior Macro and FX Strategist - Emerging Markets Fixed Income

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